Da die letzten beiden Jahre 2021 und 2022 Coronabedingt und aufgrund meines frischgebackenen Mami-Daseins mehr oder weniger eintönig verliefen, hatte ich mir für 2023 eigentlich vor allem einen großen Vorsatz auf die Fahne geschrieben: Endlich mal wieder was er-LEBEN!
Einige Monate zuvor hatte ich abgestillt und nun wollte ich endlich mal wieder richtig aus- und feiern gehen, endlich mal wieder die ein oder andere Flasche Rotwein leeren, reisen, ordentlich Sport machen, joggen gehen ohne Angst vor Bänderdehnung und kribbelnden Brustwarzen. Auch beruflich hatte ich mir so einige Ziele gesetzt: Endlich mein Psychologie-Studium abschließen, endlich eine solide Tagesstruktur entwickeln, die es mir erlaubt alle meine Wünsche und Visionen zu verwirklichen, endlich wieder mehr, öfter und regelmäßiger schreiben, mein 1. Hörbuch veröffentlichen, meinen zweiten Roman vermarkten, mein drittes Buchprojekt beginnen und innerhalb von einem Jahr abschließen, einmal in der Woche einen Blogartikel verfassen und einmal im Monat eine neue Podcastfolge mit Rebekka und Alma rausbringen.
Und natürlich das Übliche: Eine bessere Mutter, Ehefrau, Tochter, Schwester und Freundin sein und die beste Version meiner selbst werden. Meinen Töchtern mehr Raum und Aufmerksamkeit schenken, regelmäßige Dates und romantische Stunden mit meinem Partner einplanen, mehr Zeit mit meinen Freunden verbringen, mich öfter bei meinen Eltern melden und so weiter….
Nun ist das Jahr schon ein wenig fortgeschritten: der alkoholfreie oder fleischlose Januar beendet, die Fitnesstudios wieder leer und um einige Karteileichen reicher und die meisten Neujahrs-Nichtraucher wieder qualmende Unterstützer der Tabakindustrie. Und ich? Wie steht es um meine guten Vorsätze? Ziehen wir mal Bilanz:
Geplante Reisen = 0, Gefeierte Partys = 0, Geleerte Rotweinflaschen = 0, Gejoggte Alsterrunden = 0, Veröffentlichte Bücher bzw. Hörbücher = 0, geschriebene Seiten = 0, veröffentlichte Blog-Artikel = 0.
Das sieht auf den ersten Blick erstmal ernüchternd aus, aber ich hab natürlich eine super Erklärung für meine nicht umgesetzten Vorhaben parat. Und die ist: Ich bin schwanger! Jetzt werden viele Leser dieses Artikels wahrscheinlich denken: „Na, und? Schwangerschaft ist doch keine Krankheit.“ Ja, das hab ich auch schonmal gehört – und zwar meistens von Menschen, die noch nie schwanger waren oder zumindest nicht mit Morgenübelkeit zu tun hatten. Warum das so heißt ist mir übrigens schleierhaft, denn mir ist einfach den ganzen Tag schlecht – besonders abends. Ein anderer Teil der Leser, wahrscheinlich die mit Gebärmutterhintergrund oder wie man das heutzutage sagt, werden hingegen wissen, wovon ich rede. Und die meisten Menschen werden sagen: Herzlichen Glückwunsch. Ich sage nur: Bitte halt meine Haare zurück und sedier mich am besten die nächsten 9 Monate oder zumindest so lange bis diese Übelkeit vorbei ist.
Dabei hatte eigentlich alles so gut angefangen: Der Silvestertag begann vielversprechend sonnig und mit dem Angebot meines Mannes, dass ich am Abend bei der Feier unter Freunden was trinken könnte, er würde schon fahren, schließlich hätte ich die letzten beiden Jahre ja das Feiern aussetzen müssen. Ich freute mich endlich mal wieder Sekt mit Alkohol trinken zu können wie ein großes Mädchen und eilte in die Stadt um noch schnell ein paar Besorgungen zu machen. Eine dieser Besorgungen war ein Schwangerschaftstest, den ich mitnahm, weil mir seit ein paar Tagen immer mal wieder übel war, was ich aber erfolgreich auf das leckere und nicht enden wollende weihnachtliche Schlemmern schob. Wenn man doch alle Tests nur so leicht bestehen würde, denn dummerweise entschied sich der Schwangerschaftstest mir ein positives Ergebnis zu bescheren und damit blieb ich Silvester zum dritten Mal in Folge auf dem Trockenen. Trotzdem freuten mein Mann und ich uns, auch wenn der Zeitpunkt für weiteren Nachwuchs ein wenig – naja – ungelegen kam.
Und so beendete ich das Jahr wie ich das vorherige begonnen hatte: schwanger. Und mit ein wenig Wehmut in Anbetracht der ganzen Feiern und Reisen, die mir nun erst mal wieder durch die Lappen gingen. Das ist natürlich nicht weiter schlimm, darauf kann man ja mal eine Weile verzichten. Schlimm ist eher, dass alles, aber auch wirklich alles, was ich mir für das Jahr 2023 vorgenommen hatte, bisher in die Grütze ging: Statt abends an meiner Masterarbeit zu schreiben, schlafe ich regelmäßig über meinen Statistik-Büchern ein. Statt an meinem Buchprojekt zu basteln, finde ich jeden Tag kreative Lösungen, das Mutterdasein, meinen Job und das tägliche Duschen unter einen Hut zu bringen. Statt jede Woche hundert Seiten von meinem Roman als Hörbuch aufzunehmen, nehme ich jetzt jede Woche hundert Gramm zu. Statt Runners High, erlebe ich nun öfter mal Mamas High, wenn meine kleine Tochter sich über zehn Minuten lang selbst beschäftigt und ich zur Abwechslung mal wieder alleine zur Toilette gehen kann oder wenn mir nach dem Erbrechen mal einige Minuten nicht übel ist. Einen Zustand, den ich derzeit nur noch vom Schlafen und vom Hörensagen kenne. Statt meiner Freunde aus Kindertagen treffe ich nun täglich die Viren aus dem Kindergarten. Da war dieses Jahr schon viel Schönes dabei: Magen-Darm, Bronchitis, Hand-Mund-Fuß… Und statt romantischer Stunden zu zweit verbringt mein Partner nun öfter mal Qualitätszeit alleine vor dem Fernseher, wenn ich mal wieder um 19 Uhr auf der Couch eingeschlafen bin.
Ja, so sieht mein Alltag als berufstätige, schwangere und gleichzeitig immer noch recht frischgebackene Mama von einem 19 Monate alten Kleinkind aus. Nix da mit guten Neujahrsvorsätzen. Ich bin schon froh, wenn ich neben Arbeit und Haushalt auch noch den Gang zum Supermarkt schaffe, geschweige denn den zum Fitnessstudio.
Natürlich gibt es auch schöne Seiten: wenn die kleine Motte mich anlächelt zum Beispiel oder mich im Supermarkt ruft. Zwar sagt sie dann Papa, aber sie meint mich und das berührt mich zutiefst. Manchmal nennt sie mich sogar Mama, mit ihrer kleinen zauberhaften Engelsstimme, und dann bin ich nicht einmal mehr dem kleinen Kotzbrocken in meinem Bauch böse. Denn wer könnte so süßen Wesen jemals böse sein? Richtig dahin schmelze ich aber, wenn meine Tochter tatsächlich vor mir einschläft (und nicht andersherum wie so oft) und ich dieses kleine schlafende Wunder betrachte. Dann habe ich das Gefühl, dass mein Herz vor lauter Glück einen kurzen Moment aussetzt und vergessen sind alle Beschwerden und Sorgen. Zumindest bis der Reflux sich wieder bemerkbar macht und ich lieber das Weite sprich die nächste Kloschüssel suche.
Schwanger sein ist echt kacke. Ich weiß nicht, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat, dass das toll wäre und ja so ein erhabenes und wunderbares Gefühl ist. Ich verlange Schadensersatz von diesen Leuten und Schmerzensgeld für die Geburt, die Wehen und die Stunden über der Kloschüssel. Und wo wir gerade bei Gerüchten sind: Babys sind auch nicht süß. Die meisten jedenfalls nicht. Meines war natürlich wunderschön, aber die meisten Wonneproppen sehen gar nicht so wonnig aus, eher runzelig, wie Kartoffeln. Und friedlich schlafen die kleinen, runzligen Tüften im Übrigen auch nicht. Es gibt wohl keine Alterskohorte die so wenig, so unruhig und so unterbrochen schläft, wie Personen unter einem Jahr. Das sagt einem zwar keiner, das sieht man aber an den Augenringen der Eltern, die sich wahrscheinlich gerade zum hundertsten Mal fragen, was eigentlich gegen eine kinderlose Zukunft gesprochen hat.
Aber leugnen lässt es sich nicht: Die kleinen Menschen, die dann irgendwann aus den Kartoffeln werden, sind schon klasse. Und das meine ich wirklich unironisch. Kinder ab dem 1. Lebensjahr werden aus irgendeinem Grund mit jedem Tag niedlicher. Wahrscheinlich damit die Eltern hinter dem Kind herrennen, wenn es wegläuft und sich nicht selber schnell aus dem Staub machen um den Schlaf der letzten 12 Monate nachzuholen. Im Ernst: Kleinkinder sind eine wandelnde Comedyshow auf zwei Beinen, nur besser, weil sie ganz ungezwungen lustig sind und dich zum Lachen bringen ohne Witze zu erzählen. Kinder geben einem eben so viel zurück: Magen-Darm, Bronchitis, Hand-Mund-Fuß…